Rundschreiben Dezember 2009

An alle Bayerischen Solar-Initiativen und Energie-Arbeitskreise der Agenda-21

Inhalt:

  • In memoriam Ludwig Trautmann-Popp
  • Bundestagswahl / Koalitionsvertrag
  • Sinn und UnSinn
  • Leitfaden zu PV-Freiflächenanlagen
  • RegioSolar-Tagung am 12.-13.11.2009 in Erfurt
  • Jahrestreffen der Solarinitiativen am 29.-30. Januar 2010 in Bad Neustadt/Saale

Liebe Solarfreunde und solare Mitstreiter!

In memoriam Ludwig Trautmann-Popp

Am 1. November diesen Jahres ist überraschend und völlig unerwartet Dr. Ludwig Trautmann-Popp, Energiereferent des Bund Naturschutz Deutschlands und Bayerns, gestorben: Während einer Heimfahrt zusammen mit seiner Frau ereilte ihn ein rascher Herztod. Mit ihm verlieren nicht nur der Bund Naturschutz, sondern auch die Bayerischen Solar-Initiativen einen großen Mitstreiter für die Energiewende und die Erneuerbaren Energien.

Erinnern wir uns: Er war als Kernphysiker einer der eminentesten Gegner der Atomenergie und hat mit messerscharfen und sachlichen Argumenten die ‚Atommärchen’ entlarvt und gleichzeitig unermüdlich den Weg für die Erneuerbaren auch in den Reihen des eigenen BN geebnet: Klimaschutz war für ihn mindestens so wichtig wie Naturschutz.

Raimund und ich (Ernst) waren im Namen aller Bayer. Solar-Initiativen am 4.11.09 zum Be-gräbnis in Bamberg und gaben ihm die letzte Ehre. Eine eindrucksvoll große Trauergemeinde hatte sich eingefunden!

Als Gastgeber unseres 13. Jahrestreffens am 28.1.06 in Bamberg bleibt Dr. Trautmann-Popp für uns unvergessen: Er gestaltete das Treffen in hervorragender Weise! An dieser Stelle sei ihm noch einmal unser großer Dank ausgesprochen.

Bundestagswahl / Koalitionsvertrag

Noch zusammen mit dem BN Bayern (Dr. Trautmann-Popp und Richard Mergner), dem Forum e.V. (Raimund Kamm) und der E.F.-Schumacher-Gesellschaft für politische Ökologie e.V. (Inge Glatzel und Ulrich Diekmeyer) haben wir Solar-Initiativen als ‚Aktionsbündnis für Neue Energie in Deutschland – für Klimaschutz und Atomausstieg’ bis zur Bundestagswahl am 27.9.09 durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit (u.a. mit 110.000 Exemplaren unseres Flyers „Entscheidung 2009 – Wie gestalten wir unsere Zukunft?“) die Wahl zu beeinflussen versucht. Das nicht so knappe Ergebnis der Wahl zugunsten von FDP und CDU/CSU hat uns zunächst enttäuscht, und wir mussten uns fragen, ob unser Einsatz effektiv war. Ich denke aber, ohne unsere gemeinsamen Bemühungen (der BN sowie IPPNW zusammen mit Eurosolar und DNR haben noch zusätzlich eigene Flyer herausgegeben) und ohne die eindrucksvolle Großdemo in Berlin am 5.9.09 hätte sich die Wahl noch mehr in Richtung Schwarz-Gelb verschoben. Vielleicht ist auch deshalb der Koalitionsvertrag der jetzigen Bundesregierung – entgegen ersten Annahmen und Forderungen der Stromkonzerne – gar nicht so eindeutig für den Ausstieg aus dem Atomausstieg oder gar gegen die Erneuerbaren ausgefallen. Alle Politiker unterstreichen (bisher) den Vorrang der Erneuerbaren, und eine konkrete Verlängerung von Laufzeiten einzelner AKWs ist bisher nicht beschlossen worden. Auch äußerte sich der neue Bundesumweltminister verhalten positiv zu den Erneuerbaren. Alles eine Hinhaltestrategie bis zur Nordrhein-Westfalen-Wahl? Jochen Stay von ‚ausgestrahlt’ formulierte dazu am 19.11.09 einen lesenswerten Kommentar: „Die Mission des Norbert Röttgen“, den wir zur Kenntnis im Anhang (pdf, 44 kBytes) beifügen.

Nicht akzeptabel ist die durch Bundesumweltminister Röttgen erfolgte Benennung von Herrn Hennenhöfer als Aufsicht für die Reaktorsicherheit im Umweltministerium. Hennenhöfer wurde unter Trittin entlassen und arbeitete dann für die Atomwirtschaft, wo er u.a. für E.On den Atomausstieg verhandelte. Hennenhöfer gilt als einer der profiliertesten Verfechter der Atomenergie.

Sinn und UnSinn

Seit der Bundestagswahl finden sich in bestimmten Medien (z.B. FAZ, Welt, SPIEGEL) ver-stärkt Aufsätze von neoliberalen Ökonomen wie Hans-Werner Sinn (ifo-Institut, „Das grüne Paradoxon“) und Joachim Weimann (Universität Magdeburg), die einen weltweiten Emissionshandel für „allein seligmachend“ erklären und immer unverhohlener den Sinn des Vorrangs Erneuerbarer Energien in Frage stellen und insbesondere die Abschaffung des EEG fordern. Credo: Der Staat soll sich aus allem heraus halten und es der Wirtschaft überlassen, die besten Lösungen zu finden. Mehr noch: Das EEG würde dem Klima mehr schaden als nutzen. Auch wenn viele Aussagen (erst recht angesichts der Finanzkrise!) dreist und empörend klingen und widerlegbar sind, müssen wir diese Denkschule ernst nehmen. Viele Politiker und Normalbürger könnten sich verunsichern lassen. Beim Jahrestreffen in Bad Neustadt werden wir uns deutlich damit auseinandersetzen. Vorerst haben wir auf unserer Homepage dazu einige Gedanken bereitgestellt.

Leitfaden zu PV-Freiflächenanlagen

Die stark sinkenden Preise für PV-Module im 2. und besonders im 3. Quartal dieses Jahres haben zu einem ‚Run’ hin zu PV-Freiflächenanlagen in ganz Bayern, insbesondere in Südbayern geführt. Viele Bürgermeister sind mit Anfragen von Bürgern oder Firmen seit August überhäuft worden und standen dem Ansturm zum Teil ratlos gegenüber. Wir Sprecher (insbesondere Birgit, Raimund und ich) wurden von verschiedenen Kommunalpolitikern um Unterstützung gebeten. Deshalb haben wir uns entschlossen, einen kompakten Leitfaden zu PV-Freiland-Anlagen zu entwerfen, an dem vor allem Mitglieder der Solarfreunde Moosburg, von Sonnenkraft Freising und ZIEL-21 Fürstenfeldbruck intensiv mitwirkten. Der Leitfaden geht kurz auf den rechtlichen Rahmen ein, beschreibt das Wesen von PV-Freiflächenanlagen, führt die Vor- und Nachteile auf, nennt mögliche Entscheidungskriterien im Hinblick auf ökologische, ökonomische und soziale Aspekte und schließt mit praktischen Empfehlungen an kommunale Entscheidungsträger ab.

Wir Sprecher sind zur Erkenntnis gekommen, dass wir PV-Freilandanlagen in einem gewissen Ausmaß brauchen, um die Energiewende rasch zu erreichen und fassen die wesentlichen Gründe in drei Punkten zusammen:

  1. Wenn der Anteil von Solarstrom mit rund 30% am regenerativen Strommix zügig bis 2020 erzielt werden soll, sind vorübergehend (eine Generation lang) PV-Freiflächenanlagen erforderlich, weil die Dach- und Fassadenflächen (die zwar auf Dauer ausreichen werden, um die 30% zu erreichen) nicht so schnell erschließbar sind. Nach 30 bis 40 Jahren allerdings werden wohl PV-Freiflächenanlagen zurückgebaut werden: die nutzbaren Dach- und Fassadenflächen werden dann mit PV voll ausgebaut sein.
  2. Die benötigte Freilandfläche, um die 30% Solarstrom zu erreichen, ist in aller Regel deutlich unter 1% der Gemeindeflächen anzusetzen. Der Landkreis Freising z.B. benötigt im Durchschnitt nur 0,6% seiner Fläche (siehe Tabelle ‚Flächenbedarf in den Gemeinden des Landkreises Freising’, Anlage 2).
  3. PV-Freiflächenanlagen sind energetisch hochproduktiv: deren Stromerzeugung ist flächenbezogen rund 25 mal höher als die einer Biogas-Anlage mit Mais-Anbau (PV bis 500 MWh je Hektar und Jahr gegenüber Biogas rund 20 MWh je Hektar und Jahr).

Dies sind unsere Hauptargumente für eine Zulassung von PV-Freilandanlagen mit Augenmaß und nur auf Flächen, die eine hohe Akzeptanz bei der Bevölkerung finden.

Seit Anfang November haben wir den Leitfaden auf unsere Website gestellt, so das jeder ihn herunterladen kann. Darüber hinaus verweisen wir auf die regionalen Kontakte bei Sonnenkraft Freising (andreas.horn@greencity-energy.de, 089-89066829, Andreas Henze, henze@solah-freising.de, 08161-872727), bei den Solarfreunden Moosburg (raimund.becher@web.de, 08761-62995) und bei ZIEL-21 (Hans Aigner, aigner@ziel21.de, 08193-5794 und Birgit Baindl, baindl@ziel21.de, 08141-519225).

RegioSolar-Tagung am 12.-13.11.2009 in Erfurt

Diese nun fast traditionelle Tagung war in Erfurt wieder gut besucht. Bemerkenswert war der Aufbruchsgeist, der von der Thüringischen Landesregierung, der Fachhochschule Erfurt und den lokalen Akteuren ausging. Dazu gehörte auch ein gut ausgestatteter Info- und Experi- mentier-Bus zu Erneuerbaren Energien, der ausgeliehen werden kann. (Nähere Infos: baindl@ziel21.de)

Die RegioSolar-Konferenz 2009 war die letzte bundesweite Konferenz zur Vernetzung der Initiativen für 100 %Erneuerbare Energien, die vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) organisiert und finanziert wurde, denn die bundesweite Förderung für das vielversprechende Projekt war zeitlich befristet.

Mit diesem Wissen hatten RegioSolar-Konferenz-Teilnehmer der letzten Konferenzen den Wunsch geäußert, einen Verein als Dachverband zu gründen, der die begonnene Vernetzungsarbeit verstetigen könnte. Aus dem Kreis der Konferenzteilnehmer erklärten sich einige Engagierte bereit, die Vereinsgründung voranzutreiben. Der RegioSolar e.V. wurde 2008 gegründet, um sich bundesweit für die Verbreitung einer nachhaltigen Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien einzusetzen.

Die Vorstandschaft:

  • Birgit Baindl, Bayern, 1. Vorsitzende
  • Volker Klös, Hessen, 2. Vorsitzender
  • Erhard Renz, Baden Württemberg, Schatzmeister

Im Beirat (u.a.):

  • Prof. Dr. Ernst Schrimpff, Bayern
  • Gerhard Kreutz, Baden-Württemberg

Veränderungen im politischen Geschehen und die intensive Lobbyarbeit einiger weniger Konzerne stellen immer wieder die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Energiewende (Atomausstieg, EEG) in Frage. Die Initiativen vor Ort dagegen leisten wichtige Informations-arbeit für eine Energiewende, und sie engagieren sich “an der Basis”. Aber sie müssen ge-stärkt und vernetzt werden! Dies will der RegioSolar e.V. weiterführen.

Dazu befassten sich in einem Spezialworkshop auf der Konferenz in Erfurt die Teilnehmer/ innen mit den folgenden Fragen: Wie geht es weiter mit dem Bundesverein RegioSolar? Welche wesentlichen Aufgaben nimmt er sich für 2010 vor? Wie können diese Aufgaben finanziert werden? Es bestand Konsens, dass die Organisation und Durchführung der RegioSolar-Tagung erste Priorität haben sollte. Im Arbeitskreis wurden die verschiedensten Verantwortlichkeiten definiert. Erste Aufgabe des Vereins ist die Übernahme von Datenbanken, Logo, Website u.a. vom BSW. Dann die Organisation der RegioSolar-Konferenz 2010.

Es werden Interessenten gesucht, die die RegioSolar-Konferenz 2010 an ihrem Ort und mit ihrer Initiative als regionaler Organisator durchführen wollen. Anfragen bitte an: regiosolar@ziel21.de

Jahrestreffen der Solarinitiativen am 29.-30. Januar 2010 in Bad Neustadt/Saale

Unser nächstes Jahrestreffen findet turnusgemäß wieder in Nordbayern statt, und zwar erstmals in der Rhön, in Bad Neustadt/Saale. Dankenswerterweise hat die Energie-Initiative Rhön und Grabfeld e.V. unter der Leitung von Daniel Miller sich bereit erklärt, Gastgeber für die Solarinitiativen aus Bayern, Österreich, Baden-Württemberg und angrenzende Regionen zu sein. Angesichts der vielen Themen und der Entfernung im Bayerischen Norden wurde entschieden, erstmals ein eineinhalbtägiges Treffen zu gestalten:

Am Freitag, 29.1.10 stehen nach den Begrüßungen ab 16:50 Uhr die Themen ‚PV-Freiland-Anlagen’ und die ‚Windkraft in Bayern’ im Vordergrund (Wie können die Solar-Initiativen zu einem verstärkten Ausbau der Windkraft in Bayern beitragen?). Um 19:00 Uhr findet ein öffentlicher Festvortrag von Prof. Dr. Hartmut Graßl zum Thema „Klimaschutz als Schlüssel zur nachhaltigen Entwicklung“ statt. Ein Fränkisches Schmankerlbuffet um 20:30 Uhr leitet dann in den gemütlichen Teil (freier Gedankenaustausch) über.

Schwerpunkte des Samstags 30.1.10 werden die aktuelle politische Lage nach der Bundestagswahl, die Ergebnisse der Klimaschutz-Konferenz von Kopenhagen sowie die Energiewende regional und lokal sein. Auch die Themen „Heimatpflege und Erneuerbare Energien“ und „Sinn und UnSinn: Neoliberale Ökonomen bedrohen das EEG“ werden uns beschäftigen (siehe beigefügtes Programm mit Anmeldeformular, Anlage 3). Bitte bis so bald als möglich anmelden!

In der Erwartung, viele von Euch beim Jahrestreffen am Freitag/Samstag, 29./30.01.2010 in Bad Neustadt/Saale wiederzusehen und mit den besten Wünschen zum Jahreswechsel, verbleiben wir mit sonnigen Grüßen

Ernst Schrimpff
Hans-Josef Fell
Raimund Becher
Birgit Baindl
Martina Raschke
Sprecher der bayerischen Solarinitiativen